Bowi vs. Low

Benedikt Geulen  bg   13. März 2016

Im Mai 1977 veröffentlichte der britische Musiker Nick Lowe auf dem Label Stiff Records eine 7" Single. Genau genommen ist es eine EP (extended play) mit zwei Stücken auf jeder Seite. Der Titel dieser EP ist „Bowi“, und das ist nicht etwa der des Titelsongs, den es strenggenommen nicht gibt. Vielmehr hat Nick Lowe die Kunst des Mini-Albums gepflegt. Die vier Stücke „Born A Woman“, „Shake That Rat“, „Marie Provost“ und „Endless Sleep“ ergeben so etwas wie ein Miniatur-Konzeptalbum. Der Titel „Bowi“ ist die augenzwinkernde Antwort auf das im Januar 1977 veröffentlichte Album von David Bowie, das den Titel „Low“ trägt. „Was der kann, kann ich auch“, dachte sich Lowe und ließ kurzerhand auf seiner Konzept-EP ebenso wie Bowie auf seinem Konzeptalbum den letzten Buchstaben im Namen des Kollegen verschwinden.


Das weitergehende Konzept dieser Veröffentlichung funktioniert nur auf Vinyl. Seite 1 der EP heißt „Live Side“ und ist in „Swan Stereo“ produziert, während Seite 2 mit „Dead Side“ betitelt und in „Duck Stereo“ aufgenommen wurde. Alles zusammen wurde dann „Produced By Nick Lowe For Himself“.  Kurz und gut, Nick Lowe hat nicht nur Musik veröffentlicht, sondern gleichzeitig einen schönen kleinen Kommentar zu seinem eigenen Pop-Business abgegeben. In den beiden darauffolgenden Jahren hat er dieses Konzept mit den LPs „Jesus of Cool“ (1978) und „Labour of Lust“ (1979) in musikalisch größerem Umfang weiter verfolgt.


Im Zeitalter von Download und Streaming ist es immer wieder erholsam, die alten Vinyl-Schätze aus dem Regal zu ziehen. Im Übrigen kommt Vinyl ja gerade wieder mächtig auf den Markt. Eine sehr gute neue Zeitschrift begleitet diese Renaissance in Deutschland: „MINT“. Also hier gleich mehrere Tipps: Nick Lowe hören, MINT lesen und auf keinen Fall den Plattenspieler verschrotten!